DM-Serie: Ausgerechnet im Endspiel reißt 1990 die Brettorfer Siegesserie

27. August 2020

"Man muss einmal in seinem Leben an einer Deutschen Meisterschaft in Brettorf teilgenommen haben". Dieser Satz, der schon einmal unter süddeutschen Faustballern gefallen ist, ist wohl das größte Kompliment, das ein Faustballverein als Organisator hören kann. Von 1982 bis 2017 war der TV Brettorf bisher sieben Mal Ausrichter einer Deutschen Meisterschaft. Jede DM war dabei auf ihre ganz eigene Art besonders - sei es für Spieler, Trainer, Offizielle oder Fans. Gemeinsam mit damaligen Protagonisten blickt der TVB auf die bisherigen DM-Austragungen zurück.

Nach dem ersten Deutschen Meistertitel 1982 der C-Jugend in Weinheim haben nicht allzu viele im TV Brettorf damit gerechnet, dass sich dieser Erfolg so schnell wiederholen lässt. Doch weit gefehlt. Auch in den Folgejahren trumpft die Brettorfer Faustballjugend auf. Zwölf weitere Titel kommen bis ins Jahr 1990 dazu. Die meisten Titel steuert dabei eine Mannschaf bei, die in der Hallensaison 1985/86 zum ersten Mal auf nationaler Ebene auf sich aufmerksam macht. Jörg und Lars Behm, dazu Bernd Meiners, Andreas Meyer, Claus Plate, Matthias Rüscher, Oliver Westermann und Cord Aschenbeck gewinnen bei der U14-DM im bayerischen Eltmann die Silbermedaille.

Es ist der Auftakt sehr erfolgreicher Jahre – an denen die beiden Trainer Ulrich Suttka und Frank Kläner maßgeblichen Anteil haben. Sie bringen den Jungen das Faustballspielen bei – und führen sie bis an die nationale Spitze. „Ich habe die Jungs letztendlich zehn Jahre betreut“, erzählt Frank Kläner. „Als wir mit der jungen Mannschaft DM-Silber gewonnen haben, wussten wir, dass wir da einen richtig guten Jahrgang haben.“

Erster Sieg wird groß gefeiert

Dabei sind die Anfänge beschwerlich. „Es hat ein paar Jahre gedauert bis wir ein Spiel gewonnen hatten“, erinnert sich Kläner. Unterhalb der D-Jugend gibt es damals noch keinen Spielbetrieb. „Da waren auch Spiele bei, in denen wir richtig Haue bekommen haben.“ Umso größer ist der Jubel, als das Team bei einer Bezirksmeisterschaft in Brettorf den ersten Sieg holt. „Die Breite im Kader war immer riesig. Da hatten wir zwischenzeitlich 20 Spieler, einige davon mit richtig viel Talent“, erzählt der damalige Coach.

Einer dieser Spieler ist Cord Aschenbeck. Zu Beginn seiner Grundschulzeit fängt er mit dem Faustballsport an. „Ich kann mich noch erinnern, dass uns Frank in seinen Käfer geladen und bei Wind und Wetter zum Training in die Neerstedter Sporthalle gebracht hat“, berichtet er. Der U14-DM-Titel in der Feldsaison 1986 in Darmstadt beweist, dass sich all die Arbeit gelohnt hat. „Nachdem wir den Titel geholt haben, war die Freude riesig. Unsere Trainer haben wir vor Jubel in einen Pool gestoßen“, erzählt Aschenbeck von den Feierlichkeiten. Für ihn und seine Mitspieler ist der DM-Titel Auftakt einer Siegesserie. Denn wenn die Brettorfer bei einer DM antreten – dann kehren sie auch mit einer Medaille nach Hause. 1988 (U16) kommt sogar weiterer Titelgewinn dazu. „Wir haben immer davon gelebt, dass wir mit Jörg und Lars zwei super Spieler hatten, dazu kamen mit Bernd und Oliver zwei klasse Mittelmänner“, sagt Cord Aschenbeck. „Und wir hatten immer sehr viel Spaß zusammen. Natürlich wollten immer alle spielen – aber wir waren unterwegs ein Team.“ Dazu ist für ihn jede Reise ein Erlebnis. „Egal ob an den Bodensee, Darmstadt oder Berlin – jede Fahrt mit Übernachtung war besonders. Man war mit dem Faustball quasi im Urlaub“, sagt der Defensivspieler.

Orga-Team bereitet Veranstaltung vor

Nach den beiden Titelgewinnen entscheidet der Brettorfer Vorstand, sich – nach 1982 – zum zweiten Mal für die Ausrichtung einer Deutschen Meisterschaft zu bewerben. Die erste Bewerbung scheitert, doch kurze Zeit später gibt es den Zuschlag für die U18-DM 1990. Und bereits ein knappes Jahr vor den Titelkämpfen beginnen die Vorbereitungen. „Es ist schon damals so gewesen, dass das Orga-Team ein Mix aus Faustballspielwarten, Trainern und Eltern war“, sagt Frank Kläner. Orga-Pläne gibt es auch damals schon, wenn auch noch in handgeschriebener Form. „Wir hatten in den Jahren zuvor schon viele Deutsche Meisterschaften gesehen und wussten, worauf es ankommt.“ Als Kopf schreitet schon damals der 32-jährige Uwe Kläner voran. „Wir waren eine junge Truppe und wollten, dass am Ende alles passt“, so der damalige Coach.

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Dazu untermauern die Brettorfer Jungen ihre sportlichen Ambitionen für die Heim-DM in der Hallensaison 1990. In Darmstadt feiert die Truppe den nächsten Deutschen Meistertitel. „Es war immer toll wenn uns Fans mitgefahren sind und uns bei den Meisterschaften unterstützt haben“, erzählt Cord Aschenbeck. „Das war immer eine ganz besondere Gemeinschaft.“ Die Brettorfer gehören nach der Feldsaison zu den Favoriten auf den Titel. Zumal mit Bernd Meiners nur ein Spieler das Team aus Altersgründen verlassen muss.

Schock im Abschlusstraining

„Wir wussten, dass wir etwas reißen können im männlichen Bereich“, sagt Frank Kläner. Doch für die Feld-DM ist damals nur eine Mannschaft des Ausrichters gesetzt. Während die männliche Jugend an einer DM nach der nächsten teilnimmt, können die U18-Mädels nicht mithalten. „Wir mussten uns entscheiden wen wir setzen wollen“, erinnert er sich. Die Entscheidung fällt schließlich darauf, der weiblichen Jugend das Erlebnis zu ermöglichen. „Wir sind damit das hohe Risiko gegangen, dass wir uns mit den Jungen qualifizieren mussten“, sagt Kläner. Doch das gelingt mit Bravour: Als Landes- und Norddeutscher Meister ist die Qualifikation für die Heim-DM geschafft.

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Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, das Training wird intensiviert und Turniere im Erwachsenenbereich bestritten. „Die Truppe hat super mitgezogen, wir waren top vorbereitet“, erzählt Frank Kläner. „Am Anfang der Saison denkt man noch nicht so an die DM und hat Spaß an den Spielen“, sagt Cord Aschenbeck. „Aber je näher die DM kam, desto größer war die Vorfreude.“ Läufe in Richtung B213 – samt kurzen Sprints – sind fester Bestandteil der Vorbereitung. Nichts scheint das Team mehr aufhalten zu können. Doch im Abschlusstraining am Donnerstag gibt es den großen Schock. Mittelmann Oliver Westermann verdreht sich das Knie, reißt sich das Kreuzband. Es ist das letzte Mal, dass er auf dem Faustballfeld steht. „Am Freitag sind wir alle ins Krankenhaus nach Delmenhorst gefahren, um Händchen zu halten“, sagt Coach Kläner.

Der DM-Titel als Ziel

Er ist für die DM zur Umstellung gezwungen – und beordert den jungen Lars Behm, eigentlich Zweitangreifer vorne rechts, in die Mitte. „Er war damals schon eine Kante und stand vorgezogen. Man musste erst einmal an ihm vorbeikommen.“ Am Vorhaben, Deutscher Meister zu werden, hat sich nichts geändert. „Für viele war schon vorher ausgemacht, dass Waibstadt oder Brettorf den Titel gewinnen“, erzählt Frank Kläner. Bereits in der Vorrunde treffen die beiden Teams in einem knappen Duell aufeinander – mit besserem Ende für den TVB (29:27). Auch die drei weiteren Vorrundenspiele entscheiden die Brettorfer für sich und holen sich damit den Gruppensieg. „Nach den Siegen hatten wir die Hoffnung, dass es mit dem DM-Titel klappen kann“, erinnert sich Spieler Cord Aschenbeck. „Im Nachhinein hat man dann doch kurz darüber nachgedacht ob es vielleicht besser gewesen wäre, nur Zweiter zu werden.“ Doch davon ist am Samstagabend keine Rede. Bei der DM-Party auf der Diele von Werner Harms lässt das Team den erfolgreichen Tag ausklingen. Frank Kläner: „Das waren noch die Zeiten, wo alle Mannschaften herkamen und wussten, dass ihnen etwas geboten wird.“

Auch die weibliche U18 des TVB ist dabei. Die Mannschaft von Andreas Röpken und Bernd Ellinghusen kämpft in der Vorrunde vergebens ums Weiterkommen – die Konkurrenz ist zu stark. Am Sonntag soll die Heim-DM, so das Ziel, immerhin mit einem Erfolgserlebnis enden. Doch auch das klappt nicht. Im Spiel um Platz 9 müssen sich die TVB-Mädels gegen den TV Wehen aus Hessen geschlagen geben. Der zehnte Platz hat dabei eine historische Bedeutung. Es soll bis heute der einzige zehnte Platz für ein TVB-Team bei einer U14- oder U18-DM bleiben.

Finale gegen TV Waibstadt

Die Brettorfer Jungs sind mit dem Gruppensieg dagegen bereits für das Halbfinale qualifiziert und schlagen hier den TV Weisel deutlich. „Damit war das Minimalziel erreicht“, sagt Frank Kläner. Es gibt das erneute Aufeinandertreffen mit dem TV Waibstadt. „Klar ist man vor dem Spiel nervös gewesen“, gibt Cord Aschenbeck zu. „Der erste Ball war immer der wichtigste. Wenn ich den gut angenommen habe, dann hat mir das enorm geholfen.“ Doch die Abwehrspieler müssen an diesem Sonntag Schwerstarbeit verrichten. War es am Samstag noch trocken, hat am Sonntag der viele Regen den Platz aufgeweicht. „Das schlimmste was du bei diesem Wetter machen kannst, sind Fehlangaben“, meint Coach Frank Kläner. Davon unterlaufen TVB-Schlagmann Jörg Behm aber zu viele. Sein Bruder Lars wird in diesem Finale, nach starken Leistungen am Samstag, in der Mitte mehrfach abgeschossen. Ende der ersten Halbzeit hat sich Waibstadt einen Vorsprung von fünf Punkten erspielt – Brettorf gelingt es nicht mehr, dem TVW gefährlich zu werden. „Wir hatten noch einmal die Chance heranzukommen, doch dann gab es wieder eins, zwei dumme Bälle“, resümiert Kläner. „Das Ergebnis war in dieser Form verdient. Da gab es keine zwei Meinungen.“ Das sieht auch Cord Aschenbeck so: „Im ersten Moment war man natürlich enttäuscht, im zweiten aber dann glücklich, dass man Silber gewonnen hat.“

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Aschenbeck bestreitet ein halbes Jahr später seine letzte Partie in der Jugend und belegt bei der Hallen-DM Platz acht. Doch ein Teil des Teams holt 1991 (Feld) und 1992 (Halle) die nächsten U18-DM-Titel nach Brettorf. Mit diesen Erfolgen verabschiedet sich auch Frank Kläner als Jugend-Coach, übernimmt für die Männermannschaft. „Viele der damaligen Spieler sind dem Verein treu geblieben, spielen heute noch Faustball. Man kann schon sagen, dass das eine super Truppe war.“

Er als Trainer – das passte einfach. „Frank hat unheimlich viel für uns getan. Das weiß man damals wie heute zu schätzen“, betont Cord Aschenbeck. „Und der Verein hat noch heute eine große Bedeutung. Auch wenn ich nicht mehr in Brettorf wohne, hat man immer noch diese Verbundenheit, die in Brettorf einfach hängen bleibt. Was auch heute noch jeder einzelne für den Verein leistet ist einfach großartig.“

Statistiken

Männliche U18

Kader TV Brettorf:
Cord Aschenbeck, Jörg Behm, Lars Behm, Sven Heiken, Andreas Kautz, Andreas Meyer, André Poguntke, Jens Thöle, Andreas Voß, Christian Wirth, Oliver Westermann; Trainer: Frank Kläner

Vorrunde:
TVB - TSV Wiemersdorf 40:25
TVB - TKD Duisburg 37:25
TVB - TV Waibstadt 29:27
TVB - TV Wünschmichelbach 32:25

Halbfinale:
TVB - TV Weisel 37:29
Finale:
TVB - TV Waibstadt 29:35

Endstand:
1. TV Waibstadt (Baden), 2. TV Brettorf (Niedersachsen), 3. SZ Rohr (Schwaben), 4. TV Weisel (Mittelrhein), 5. TV Wünschmichelbach (Baden), 6. ATSV Habenhausen (Bremen), 7. SV Moslesfehn (Niedersachsen), 8. TV Westfalia Hamm (Westfalen), 9. TKD Duisburg (Rheinland), 10. TSV Wiemersdorf (Schleswig-Holstein)

Weibliche U18

Kader TV Brettorf:
Tomke Dirksen, Gitta Fahrenkamp, Tanja Freese, Carola Martens, Anja Menkens, Bianca Meyer, Bianca Plettau, Andrea Schröder; Trainer: Bernd Ellinghusen & Andreas Röpken

Vorrunde:
TVB - TSV Gnutz 24:31
TVB - ATS Kulmbach 17:36
TVB - TV Wehen 23:29
TVB - TV Voerde 22:43

Platzierungsrunde:
TVB - TSV Hollingstedt 32:33
Platz 9:
TVB - TV Wehen 20:28

Endstand:
1. TV Voerde (Rheinland), 2. TV Jahn Schneverdingen (Niedersachsen), 3. ATS Kulmbach (Bayern), 4. TSV Gnutz (Schleswig-Holstein), 5. TV Westfalia Hamm (Westfalen), 6. TSV Niedernhall (Schwaben), 7. TSV Hollingstedt (Scheswlig-Holstein), 8. DJK Ursensollen (Bayern), 8. TV Wehen (Hessen), 10. TV Brettorf (Niedersachsen)

Text: Sönke Spille
Interviewpartner: Frank Kläner & Cord Aschenbeck
Informationen & Fotos: Faustball-Information, Chronik TV Brettorf, Archiv Frank Kläner

 

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