Der Uhrzeiger steht auf 15.54 Uhr. Auf der Brettorfer Sportanlage wird gespenstisch ruhig. Alle Augen richten sich nun auf den Center Court. 19:11 – ein Punkt ist es noch, der zum großen Ziel fehlt. Angabe Leverkusen. Christian Kläner wehrt den Ball ab, Lutz Meyer legt ihn für Jens Kolb vor. Der Ball fliegt über die Leverkusener Feldhälfte in Richtung Grundlinie. Noch einmal kann der TSV den Ball annehmen, doch dann passiert es: Das Zuspiel geht weit nach vorne in Richtung Leine. Zu weit. Punkt für Brettorf. Es ist Sonntag, der 26. Juli 2004, 15.55 Uhr. Der TVB ist Deutscher Meister!
Es ist das i-Tüpfelchen eines Wochenendes, das der Ort Brettorf so noch nicht erlebt hat. Zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte organisiert der TV Brettorf eine Deutsche Meisterschaft der Männer und Frauen und hat sich als Ziel gesetzt, dass die Mannschaften und Zuschauer diese Veranstaltung in Erinnerung behalten. Der Plan geht auf: ein festlich geschmücktes Dorf, die Eröffnungs- und Siegesfeier, der Center Court samt rotem Teppich vor den Finalspielen, die moderaten Preise und die Einbindung vieler Faustballkinder. 5.645 Zuschauer erleben am Wochenende mit dem Titelgewinn der Brettorfer Männer den krönenden Abschluss einer eindrucksvollen Meisterschaft. Spätestens seit diesem Zeitpunkt geisterte unter süddeutschen Faustballern der Satz: „Man sollte einmal in seinem Leben an einer DM in Brettorf teilgenommen haben.“
Diesen Traum können in diesem Jahr wieder zehn Faustballmannschaften aus der Republik wahr machen. Nach dem coronabedingt „kleineren“ Titelkampf 2021 wird der TV Brettorf auch 2022 die Deutsche Meisterschaft der Männer und Frauen ausrichten. Die beiden Brettorfer Bundesligateams sind für die Titelkämpfe am 27./28. August bereits qualifiziert, das DM-Organisationskomitee steckt mitten in den Vorbereitungen. Das Ziel: ein Event auf die Beine stellen, das nicht nur für Faustballerinnen und Faustballer, sondern für den gesamten Verein und das ganze Dorf, zu einem großen Fest mit vielen Höhepunkten wird.
An diesem Wochenende starten die 34 Bundesligateams der Männer und Frauen in die Feldsaison 2022. Wir geben einen Kurz-Überblick über die Ausgangslage.
Männer
1. Liga Nord
Gastgeber TV Brettorf hat sein DM-Ticket bereits in der Tasche, dazu dürfte es dann wohl drei heiße Kandidaten auf die zwei weiteren Quali-Plätze geben. Der TSV Hagen 1860 ist nach den beiden Vizemeistertiteln auf dem Feld und in der Halle wohl Favorit auf die Nordmeisterschaft, hat dazu noch den Champions Cup als Highlight vor der Brust. Dazu kommen die zwei Vertreter aus der Hauptstadt. Der VfK Berlin wird auch in dieser Spielzeit mit dem ehemaligen Nationalangreifer Lukas Schubert auflaufen, Stadtrivale Berliner TS – Halbfinalist aus dem Vorjahr – könnte die dritte DM-Quali in Folge schaffen. Dazu kommen der TK Hannover, der nach dem Abstieg in der Halle zunächst einmal alles für den Klassenerhalt machen wird und der Leichlinger TV, der aber zu Saisonbeginn auf Angreifer Christian Weber verzichten muss. Hinzu kommen mit dem SV Moslesfehn (der nach drei Aufstiegen zuletzt immer direkt wieder absteigen musste) und der TSV Lola, der mit Rouven Kadgien einen Nationalangreifer in seinen Reihen hat, zwei ambitionierte Aufsteiger.
1. Liga Süd
Top-Favorit auf die Südmeisterschaft ist der Seriensieger und aktuelle Deutsche Meister TSV Pfungstadt. Dahinter gibt es gleich mehrere Bewerber um die zwei verbleibenden Qualifikationsplätze. Der TV Käfertal dürfte, wenn neben Nick Trinemeier auch Marcel Stoklasa wieder fit ist, ein ganz heißer Anwärter sein, ähnlich wie der TSV Calw um den schweizer Nationalangreifer Raphael Schlattinger. Der TV Schweinfurt-Oberndorf hatte bei der Ticket-Vergabe in der Vergangenheit ebenfalls immer ein Wörtchen mitzureden, befand sich in der vergangenen Hallensaison aber eher im Abstiegskampf. Stattdessen könnte das junge Team vom TV Vaihingen/Enz, das in der Halle bis ins DM-Halbfinale marschierte, seine Chance wittern – ähnlich wie der TV Unterhaugstett, der 2020 den TSV Pfungstadt im DM-Finale noch fast an den Rand einer Niederlage brachte. Komplettiert wird das Teilnehmerfeld vom TV Waldrennach und TV Waibstadt, für die es womöglich zunächst einmal darum geht, die Klasse zu halten.
Frauen
1. Liga Nord
In der Halle wurde dem TV Brettorf die DM-Ausrichterregelung noch zum Verhängnis, in dieser Spielzeit haben sie ihr DM-Ticket nun bereits vor dem ersten Spieltag sicher. Somit bleiben es noch zwei Plätze, die zu vergeben sind. Heißester Anwärter dürfe wohl Titelverteidiger TV Jahn Schneverdingen sein, der seit dem DM-Halbfinale im September 2020 ungeschlagen ist. Dahinter bewerben sich in einer ausgeglichenen Liga gleich mehrere Teams. Der Ahlhorner SV, DM-Dauergast in den vergangenen Jahren, dürfte vielleicht am ehesten in Frage kommen, darf sich aber wohl keinen Ausrutscher erlauben. Denn mit dem SV Moslesfehn, VfL Kellinghusen und TK Hannover befinden sich gleich mehrere Teams in Lauerstellung. Ebenfalls stark einzuschätzen sein dürfte Aufsteiger Ohligser TV. Für den Wardenburger TV und SV Düdenbüttel dürfte es derweil vornehmlich um den Klassenerhalt gehen.
1. Liga Süd
Eine DM ohne den TSV Dennach und TSV Calw? Das hat es in den vergangenen neun Spielzeiten auf dem Feld nicht gegeben. Und somit sind die beiden Finalteilnehmer vom Feld (Dennach) und der Halle (Calw) auch in dieser Saison wieder heiße Kandidaten, Ende August die Reise nach Brettorf anzutreten. Dahinter haben zuletzt der TV Segnitz und der TSV Pfungstadt die DM-Qualifikationen geschafft, die beide einen Platz in der oberen Tabellenhälfte anpeilen. Das tut auch der TV Unterhaugstett, der mit der ehemaligen Ahlhorner Angreiferin Pia Neuefeind aufläuft. Diese fünf Mannschaften dürften es wohl auch sein, die sich in dieser Saison um die DM-Tickets duellieren. Dahinter dürften sich womöglich das erfahrene Team des TSV Ötisheim – DM Gastgeber der Deutschen Hallenmeisterschaft der Frauen 2023, der TSV Staffelstein und die beiden Hallen-Absteiger SV Tannheim und TSV Gärtringen einreihen.