DM-Serie: Nach Orga-Aufwand 2005 kein Happyend für Frauen 30

29. Dezember 2020

"Man muss einmal in seinem Leben an einer Deutschen Meisterschaft in Brettorf teilgenommen haben". Dieser Satz, der schon einmal unter süddeutschen Faustballern gefallen ist, ist wohl das größte Kompliment, das ein Faustballverein als Organisator hören kann. Von 1982 bis 2017 war der TV Brettorf bisher sieben Mal Ausrichter einer Deutschen Meisterschaft. Jede DM war dabei auf ihre ganz eigene Art besonders - sei es für Spieler, Trainer, Offizielle oder Fans. Gemeinsam mit damaligen Protagonisten blickt der TVB auf die bisherigen DM-Austragungen zurück.

Das Erreichen der Endrunde, Platz fünf: Mit diesem Ziel waren die Frauen 30 des TV Brettorf bei den Bundesmeisterschaften in eigener Halle gestartet. In der Vorrunde sollte nicht gleich Endstation sein – das hatten sich die TVB-Frauen geschworen. Am Ende kam es sogar noch besser, als es sich die DM-Gastgeberinnen vorgenommen hatten. In der Endabrechnung reihte sich Brettorf auf Platz vier ein. Doch nach dem fulminanten Samstag sorgte das Endergebnis doch für ein paar enttäuschte Gesichter. Schließlich hatte im Halbfinale nicht viel gefehlt, um ins Endspiel einzuziehen. Um genau zu sein: Es fehlte nur ein einziger Punkt.

Kampf um die Ausrichtung

Dass in Brettorf im März 2005 wieder nationale Titelkämpfe stattfinden würden, damit war ein halbes Jahr zuvor nicht zu rechnen. Alles stand noch im Eindruck der Deutschen Meisterschaft der Männer und Frauen im Juli (einen Rückblick gibt es im nächsten Teil der Serie). Das Männerteam hatte in fulminanter Art und Weise den Titel gewonnen, tausende Zuschauer waren während des DM-Wochenendes auf der Anlage und verfolgten die Spiele. Aus diesem Grund hatte sich der Vorstand auch gegen eine weitere Ausrichtung innerhalb solch kurzer Zeit ausgesprochen – und sorgte damit bei Marion Einemann, Gaby Meiners und ihren Mitspielerinnen für Enttäuschung. Doch da das Technische Komitee Faustball keinen Ausrichter fand, blieben die Spielerinnen hartnäckig. Schließlich gab der Vorstand grünes Licht – mit der Voraussetzung, dass das Team die Organisation selbst in die Hand nehmen müsse.

Gesagt getan: „Wir haben den Orga-Plan der Feld-DM als Grundlage genommen und für die Bundesmeisterschaft dann den einen oder anderen Abstrich gemacht“, erinnert sich Gaby Meiners. „Auch unsere Männer haben uns damals unterstützt. Schließlich mussten sie sich um die Kinder kümmern.“ Den Großteil ihrer Freizeit verbringen die Frauen in der Hallensaison 2004/05 in der Sporthalle beim Training, den Spielen in der Niedersachsenliga oder der DM-Vorbereitung. Dabei erhalten sie von vielen Vereinsmitgliedern das Signal, bei anfallenden Arbeiten zu unterstützen. „Die damaligen Männer 30 um Jens Hasselberg und Jörg Behm haben sich sofort nach der Vergabe gemeldet. Und auch der Ö-Ausschuss und der Festausschuss mit Anke Höfel an der Spitze haben uns viele Arbeiten abgenommen. Das war natürlich toll“, erinnert sich Marion Einemann.

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Somit gelingt es den TVB-Frauen sich, trotz der vielen Vorarbeiten, auch auf das sportliche Highlight vorzubereiten. Dabei bringen sie die Erfahrung zahlreicher Bundesligajahre mit. Und auch bei den Seniorenmeisterschaften haben sie sich zu diesem Zeitpunkt schon einen Namen gemacht. Gleich bei der ersten Teilnahme 1999 in Hundsmühlen sicherte sich das Team den Titel. „Damit hatten wir damals überhaupt nicht gerechnet“, meint Marion Einemann rückblickend. Auch in den folgenden Jahren ist der TVB vertreten, schafft immer den Sprung in die Endrunde am Sonntag. Nur in der Hallensaison 2004 verpassen die Brettorferinnen die Qualifikation zur Meisterschaft. Mit der Ausrichtung 2005 haben sie das Ticket für die Titelkämpfe nun bereits sicher. „Es sind zwar ein paar Schwangerschaften dazwischengekommen, aber im Prinzip war es von 1999 an immer das gleiche Team, mit dem wir gespielt haben“, erzählt Marion Einemann.

Dass sie ein eingespieltes Team sind, beweisen Einemann, Meiners und Co. dann auch während der Organisation. „Ende Oktober hat die erste Orga-Sitzung stattgefunden. Jörg Behm hatte die Gesamtleitung, Ulli Suttka und Hergen Schelling haben uns bei den Berichten in der Zeitung und im Internet unterstützt. Alles andere haben wir organisiert, jeder aus der Mannschaft hatte seinen Aufgabenbereich“, verrät Gaby Meiners, die sich für das Rahmenprogramm verantwortlich zeichnet.

Erfolgreicher Samstag - mit Party am Abend

Am 19./20. März 2005 sind dann die besten Seniorenteams der Frauen aus ganz Deutschland in Brettorf zu Gast. Und das Heimteam scheint sich in eigener Halle ganz besonders wohl zu fühlen. Gegen den TV Böblingen, TIB Berlin, TuS Wakendorf-Götzberg und selbst den mit Bundesligaspielerinnen gespickten Blumenthaler TV feiern die Schwarz-Weißen in der Vorrunde Siege und sichern sich Platz eins ihrer Vorrundengruppe. Das Ziel, mindestens Platz fünf zu erreichen, ist bereits geschafft. Und: Die Siege verbreiten sich im Dorf wie ein Lauffeuer. „Am Samstag waren noch einige freie Plätze in der Halle“, erinnert sich Marion Einemann. „Es wurde aber erzählt ,die sind so gut, die sind schon direkt für das Halbfinale qualifiziert‘. Das hat am Sonntag für einen regelrechten Ansturm gesorgt.“

Bereits am Samstagabend sind zahlreiche Gäste im Vereinsheim – und feiern eine rauschende Party. „Im Raum des Gesangvereins gab es eine Cocktailbar, die Männer haben den Thekendienst übernommen. Das Highlight war der Auftritt der Brettorfer Village People“, hat Marion Einemann noch beste Erinnerungen an den Abend, der die Chance bietet, sich auch außerhalb des Faustballfeldes mit den Spielerinnen der anderen Vereine auszutauschen. „In der Altersklasse hat man sich immer ganz besonders gefreut, alle anderen wiederzusehen.“ Auch der Auftritt der TVB-Frauen ist im Laufe des Abends Thema. „Natürlich wirst du hoch gelobt, aber wir wollten uns davon nicht beeinflussen lassen und unser Ding machen“, sagt Marion Einemann. „Am Sonntag haben wir uns dann aber selbst ein Bein gestellt.“

Im Halbfinale trifft der TVB auf den USC Bochum. Die Erwartungen der knapp 500 Zuschauer in der Halle ist groß, zumal Brettorf die ersten beiden Punkte der Partie für sich verbucht. Doch danach punktet fast ausschließlich das Team aus Westfalen. Es wird noch auf Zeit gespielt, beim Seitenwechsel liegen die Schwarz-Weißen 6:12 zurück. „Es lief nichts nach Plan. Egal ob im Angriff, im Zuspiel oder der Abwehr – es ging überhaupt nichts“, erinnert sich Marion Einemann, die im Brettorfer Angriff immer wieder die Aufgaben mit Tanja Ulrich tauscht – ohne dabei wirklichen Erfolg zu haben. „Wenn wir die Gelegenheit hatten, haben wir eigentlich immer Preller gespielt. Aber die Bälle lagen nicht oder wir sind mit unseren Schlägen nicht durchgekommen.“ Die Wechsel untereinander, die Jens Thöle und Bernd Ellinghusen von der Seitenlinie vornehmen, fruchten zunächst nicht. „Wir haben zwar untereinander gewechselt, aber nicht jemanden von der Bank gebracht. Dieser Impuls hat vielleicht gefehlt“, sagt Gaby Meiners rückblickend. Aber: Angefeuert von den lautstarken Fans in eigener Halle starten die TVB-Frauen nach dem Seitenwechsel eine Aufholjagd. Zehn Sekunden vor dem Ende gelingt das 18:19. Zu spät! Die Uhr tickt, dann gibt es den Abpfiff. Der Traum vom Heim-Finale ist geplatzt. „Wir haben nicht mehr unser Spiel gemacht, sondern Nervenflattern bekommen“, resümiert Marion Einemann.

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Im Spiel um Bronze, das direkt im Anschluss stattfindet, ist gegen den Blumenthaler TV dann die Luft raus. „Der souveräne Sieg am Samstag war eine große Überraschung. Am Sonntag hatten wir dann keine Chance“, sagt Gaby Meiners. Und auch wenn es kein Happyend gibt. Für ihre Ausrichtung erhalten Frauen von den Zuschauern und teilnehmenden Mannschaften viel Lob.

Titelgewinn in Koblenz

Drei Jahre später jubeln die Brettorfer Frauen dann noch einmal ganz oben auf dem Podest. Die Meisterschaft der Frauen 30 ist vom Faustball-Verband für drei Jahre in die der Frauen 35 umgewandelt worden, das TVB-Team sichert sich in Koblenz den Titel – mit einem 2:0-Sieg (11:9, 11:1) gegen den TV Wanheimerort. Zwei weitere Meisterschaften sollen noch folgen, dann verabschiedet sich das erfolgreiche Team bei der Hallen-DM 2009 in Düdenbüttel mit einer Bronzemedaille von der großen Faustballbühne. Eine erfolgreiche Zeit – mit so manchem Trainer wie Klaus Tabke, Michael Schierholz, André Poguntke, Pascal Osterheider oder Jens Thöle an der Seitenlinie. „Wir sind wahrscheinlich zu anstrengend gewesen, dass so ein großer Verschleiß war“, lacht Marion Einemann.

Jede Fahrt hat dabei ihre ganz eigene Geschichte zu erzählen. Eine zerstörte Tür durch das Abbiegen in die zu niedrige Tiefgarage mit dem TV-Bus zum Beispiel, eine Trittleiter, über die man von der Tribüne in die Sporthalle gelangte, oder ein Feuerwehrauto als Shuttle-Service zwischen Hotel und Sporthalle. „Wir haben über all die Jahre so viel gemeinsam erlebt. Man hätte schon damals jedes Wochenende aufschreiben müssen, wo wir hingefahren sind, wer dabei war, wie wir gespielt haben und was alles passiert ist“, sagt Gaby Meiners. Geteilt werden diese Erinnerungen von allen Spielerinnen jedes Jahr bei einer gemeinsamen Weihnachtsfeier – und seit diesem Sommer zusätzlich bei einem Grillen. „Einmal im Jahr treffen reicht nicht mehr“, findet Marion Einemann. Nicht verwunderlich, wenn man sich an so viele gemeinsame Erlebnisse erinnern möchte.

Statistiken

Frauen 30

Kader TV Brettorf:
Gaby Bock, Karin Bode, Tomke Dirksen, Marion Einemann, Myriam Grensemann, Bettina Luthardt, Gabriele Meiners, Tanja Ulrich; Trainer Jens Thöle, Bernd Ellinghusen

Vorrunde:
TVB - Blumenthaler TV 22:14
TVB - TV Böblingen 22:19
TVB - TIB Berlin 24:17
TVB - TuS Wakendorf-Götzberg 23:13

Halbfinale:
TVB - USC Bochum 18:19
Platz 3:
TVB - Blumenthaler TV 13:25

Endstand:
1. TV Voerde (Rheinland), 2. USC Bochum (Westfalen), 3. Blumenthaler TV (Bremen), 4. TV Brettorf (Niedersachsen), 5. TIB Berlin (Berlin), 6. SSV Süderdorf (Schleswig-Holstein), 7. TuS Wakendorf-Götzberg (Schleswig-Holstein), 8. TV Böblingen (Schwaben), 9. SKG Rodheim-Bieber (Hessen), 10. TSV Niedernhall (Schwaben)

Text: Sönke Spille
Interviewpartnerinnen: Marion Einemann & Gaby Meiners
Informationen & Fotos: Faustball-Information, Chronik TV Brettorf

 

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